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cdgw unterwegs 2012

Rund 40 cdgw-Mitglieder und Experten waren der Einladung nach Unterhaching gefolgt. Es war die erste Veranstaltung der neuen Reihe „cdgw unterwegs“. In diesem Rahmen kann sich ein cdgw-Mitglied an seinem Standort präsentieren. Verbunden wird dies mit einem inhaltlichen Workshop. So begann der Nachmittag beim Unterhachinger Softwareunternehmen K|M|S mit einem Empfang, einer Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden Alois G. Steidel und einem Rundgang durch die Räumlichkeiten des Unternehmens.

Nach diesem kurzen Aufgalopp stand die inhaltliche Arbeit auf dem Programm. Ziel des Workshops war es, ein Positionspapier des cdgw zum Thema „Gesundheitsregionen“ zu entwickeln. Rund drei Stunden lang diskutierte die fachkundige Runde intensiv über das Thema. Professor Günter Neubauer vom Münchner Institut für Gesundheitsökonomie eröffnete mit einem Impulsvortrag und moderierte anschließend souverän die Diskussionsrunde mit den Experten 
Andreas Ellmaier (Bayerisches Gesundheitsministerium, Leiter der Abteilung Gesundheitswirtschaft), Alois G. Steidel (Vorstandsvorsitzender K|M|S), Dr. Andreas Goepfert (Vorstand Verbundklinikum Landkreis Ansbach und Klinikum Ansbach) und Dr. Sven Jansen (CSC Healthcare, Leiter Consulting und Transformation).

cdgw positioniert sich mit Thesenpapier

Nun wird auf der Basis der Workshop-Diskussion ein Thesenpapier erarbeitet, das den anwesenden cdgw-Mitgliedern zur Überarbeitung und Ergänzung zugemailt wird. Nach dieser Abstimmungsphase soll die cdgw-Position dann in die öffentliche Debatte eingespeist werden und zugleich die Expertise und wichtige Stimme des cdgw in der Gesundheitswirtschaft dokumentieren.

Professor Günter Neubauer wies in seinem Vortrag auf die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft als „Motor für nachhaltiges Wachstum“ hin. Er zeigte sich verwundert, dass insbesondere in Teilen der Ärzteschaft der Begriff Gesundheitswirtschaft immer noch negativ besetzt sei. „Ich habe nicht vermutet, dass das immer noch so tief sitzt“, berichtete Neubauer von seinen aktuellen Diskussionen mit Ärztevertretern. Er sei aber überzeugt, dass Gesundheit und Wirtschaft zusammengingen. Aber die Vorbehalte insbesondere der Ärzte könnten nicht ausgeblendet werden. Denn Ärzte wollten ihre Dienstleistung aus dem ökonomischen Zusammenhang  herausnehmen.

Zu den Trends im Gesundheitsbereich unterstrich Professor Neubauer: „Es entwickelt sich ein riesiger globaler Markt, der aber noch gar nicht so erkannt wird.“ Ein Beispiel sei China. Dort würden in hohem Maße Dienstleistungen, Systeme und Organisationsmodelle nachgefragt.

Feminisierung der Medizin

National sei zum Beispiel eine Feminisierung der Medizin zu beobachten. Zum Teil seien schon vier von fünf Medizinstudenten weiblich. Die Gesundheitswirtschaft müsse sich also auf Frauen vorbereiten, die ganz andere Lebens- und Arbeitsmodelle favorisierten, als sie von bisherigen Chefärzten bekannt und etabliert seien. Zugleich biete die Branche auch eine Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen für gering und weniger qualifizierte Mitarbeiter, insbesondere beim Service. In vielen Städten sei die Gesundheitswirtschaft – oder manchmal sogar ein Krankenhaus alleine. – der größte Arbeitgeber. Diesen Faktor könne niemand mehr übersehen und übergehen. Die Gesundheitswirtschaft stelle heute rund zehn Prozent aller Beschäftigten im Lande und erwirtschafte rund zehn Prozent des Inlandproduktes – mit steigender Tendenz.
Dabei gebe es bei der Gesundheit kaum Grenzen für Wachstum, denn die Menschen wollten möglichst gesund sterben. Damit sei der Bedarf nahezu grenzenlos. Dazu kämen permanente Innovationen und eine entsprechende private Kaufkraftmobilisierung. Daran schließe sich unmittelbar die Diskussion an, was als gesetzliche Leistung sozialpolitisch wünschenswert sei.

In der Vernetzung liegt die Zukunft

Dann brachte Professor Neubauer die Begriffe Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsregion zusammen, denn „die Zukunft der Gesundheitswirtschaft liegt in der Vernetzung“. Nur so sei eine optimale und effiziente Versorgung der Menschen möglich, dies bedinge u.a. gute Informations- und Kommunikationssysteme. Dabei könne es in einer Region durchaus auch zwei oder mehr konkurrierende Versorgungsnetze geben, denn der Patient solle ja die freie Wahl haben, und auch das Kartellamt werde sich Monopole sicher ganz genau ansehen. Denkbar sei auch, dass regionale Verbünde zugleich Teil größerer Netzwerke würden.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde rasch deutlich, dass Gesundheitsregionen große Chancen bieten, aber in der praktischen Umsetzung durchaus auf vielerlei Hürden stoßen.

Andreas Ellmaier vom Bayerischen Gesundheitsministerium wies darauf hin, dass der Ausgangsgedanke im Patientenwohl liege, aber auch Versorgungs- und Kostenoptimierung eine wichtige Rolle bei der Etablierung von Gesundheitsregionen spielten. Er berichtete, dass sich die zuständigen Ministerien der Bundesländer über den Begriff Gesundheitswirtschaft und dessen Definition einig seien, dass Gesundheitswirtschaft demnach die medizinische Leistungserbringung im sozialgesetzlichen Bereich, aber auch Pharma, Industrie, Prävention, Dienstleistung etc. umfasse.

Ellmaier unterstrich die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für den Wohlstand, beklagte aber zugleich, dass die 16 Landesstatistikbehörden und das nationale Pendant es nicht schafften, die Gesundheitswirtschaft statistisch differenziert abzubilden. Er sagte: Wenn die Gesundheitswirtschaft die Zukunftsbranche in Deutschland ist, dann muss man auch vierteljährlich aktuelles Zahlenmaterial über z.B. Wachstum, Beschäftigte, Umsatz etc. erhalten können.

Alois G. Steidel, Vorstandsvorsitzender von K|M|S unterstrich, dass das Geomarketinginstrument EYE ON HEALTH® solche Daten ermittele und in hoher Qualität zur Verfügung stelle. Auf der Basis solcher Daten müssten Beteiligte der Gesundheitsregionen miteinander reden, um Fehlsteuerungen zu vermeiden und Gesundheitsversorgung zu organisieren. Alle im Netzwerk Beteiligten müssten daher die Möglichkeit haben, auf Patienten- und Umfelddaten wie Kaufkraft, Bevölkerungsentwicklung, Zuweiserverhalten, Therapiequalität etc. zugreifen zu können. Denn erst wenn alle relevanten Daten einer Gesundheitsregion in einem System zusammenliefen, könnten abgestimmte Planungen und eine strategische Steuerung erfolgen. Auch der Patienten müsse ein Interesse haben, dass die Daten verfügbar seien. Denn nur so könne für ihn die optimale Versorgungskette ermittelt werden. „Der Zusammenarbeit aller Akteure ist der Schlüssel zum Erfolg einer Gesundheitsregion“, unterstrich Alois G. Steidel deshalb: „Wenn man alles alleine machen will, geht man unter.“ Steidel sagte weiter: „Mein Wunsch ist es, dass die Initiative für die Bildung solcher Netzwerke von der Basis kommen. “

Mehr und bessere Informationen

Dr. Andreas Goepfert mahne aus der Sicht eines Klinikmanagers, dass sich auch Ärzte für Kosten zuständig fühlen müssten. Er zeigte sich „verhalten optimistisch“, dass Gesundheitsregionen eine positive Entwicklung nehmen. Das sei nicht nur eine Geldfrage. Der Mehrwert für Leistungserbringer – vor allem für niedergelassene Ärzte – könne auch in Termintreue, Informationsfluss, Qualitätssteigerung und Weiterbildung liegen. Dass der Daten- und Informationsaustausch zwischen den Sektoren und den Beteiligten gelinge, sei ein entscheidender Faktor. Auch er forderte mehr „geballte und komprimierte Informationen“, damit Entscheidungen in und für eine Region mit gutem Gewissen und auf einer soliden Datenbasis gefällt werden könnten.

Dr. Sven Jansen ergänzte: „Wir reden gerne von Vernetzung, aber die Schnittstellen sind noch gar nicht definiert.“ Zum Beispiel würden in Deutschland insgesamt rund 40 verschiedene Krankenhausinformationssysteme eingesetzt. Jansen warf auch die Frage auf, wer denn letztlich eine Gesundheitsregion managen solle: „Wer übernimmt die Verantwortung für die Medizin? Was für ein Organisationsmodell brauchen wir, um eine Gesundheitsregion zu steuern?“

Einig waren sich die Teilnehmer des Workshops, dass die technischen Fragen grundsätzlich lösbar seien. Das eigentliche Problem liege aber im Ergreifen der Initiative und in der Führungsrolle. Als Hauptadressat für die Entwicklung und Etablierung einer Gesundheitsregion wurde deshalb wiederholt die lokale Politik genannt. Diese Aufgabe könne niemand anderes übernehmen, zumal es auch keine Gesundheitsregion von der Stange und nach einem einzigen Vorbild gäbe. Denn Gesundheitsregionen reagierten individuell auf die besonderen Herausforderungen vor Ort. Ein Teilnehmer formulierte es deshalb so: „One size for all wird es nicht geben können.“

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