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cdgw unterwegs in Leipzig

Medizin der Zukunft – im OP und in der Politik

Den Auftakt beim cdgw unterwegs in Leipzig machte der Besuch beim ICCAS, dem Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie. Die cdgw-Besucher sahen dort u.a. den OP der Zukunft, in dem sämtliche Geräte miteinander kommunizieren, Ärzte optimal bei der Prozesskontrolle unterstützt werden, Behandlungs- und Ablaufvorschläge bekommen und mit Assistent Computer in ständiger Interaktion stehen. Ziele sind mehr Effizienz, Qualität und Behandlungssicherheit. Ein weiterer Bereich, in den die cdgw-Mitglieder hineinschauen konnten, war die augmented reality. Ein Anwendungsbeispiel zeigt, wohin die Reise gehen kann: Im Notarztwagen ist der behandelnde Arzt mit so vielen Ablauf- und Kontrollschritten konfrontiert, dass wertvolle Zeit verloren gehen könnte. Per Videobrille bekommt er in das Gesichtsfeld deshalb eine Reihe von Parametern projiziert, die ihm bei der Versorgung helfen, virtuell können zudem Befehle ausgeführt und sogar dreidimensionale Körperhologramme erstellt werden. Die Absicht dahinter: Der Arzt soll sich auf das Wesentliche konzentrieren können.

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Zu wenig Gesundheitspolitiker im Bundestag

Der cdgw leger in Leipzig fand in Kooperation mit dem Club-Mitglied Sana und biosaxony statt, dem gesamtsächsischen Verband für Biotechnologie, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft. Für Sana stellte Dr. Roland Bantle sein Unternehmen vor, André Hofmann präsentierte biosaxony. Und dann ging es schon hinein die gesundheitspolitische Diskussion, die erneut Nils Dehne, der Geschäftsführer der Allianz der kommunalen Großkrankenhäuser (AKG), moderierte.

Die beiden Kandidatinnen Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) und Jessica Heller (CDU), die von Leipzig aus in den Bundestag wollen, arbeiten nicht nur im selben Krankenhaus – Piechotta als Ärztin, Heller als Intensivkrankenschwester –, sondern haben sich beide (naheliegend) auch politisch auf die Gesundheitsbranche spezialisiert. Von den derzeit mehr als 700 Abgeordneten des Deutschen Bundestages kommen momentan weniger als zehn aus der Gesundheitsbranche. Das könnte sich ändern…

Ergänzt wurde die Podiumsrunde durch Prof. Thomas Neumuth vom ICCAS, Michael Zaske vom Gesundheitsministerium in Brandenburg und Dr. Götz Brodermann, Geschäftsführer des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus und AKG-Vorstandsmitglied. Einig waren sich alle Diskutanten: Reformen in der deutschen Gesundheitsversorgung sind notwendig, doch beim Wie und beim Was, war es mit dem Konsens schon schwieriger. Auch bei der Bewertung der Gesundheitspolitik in Corona-Zeiten.  

„Wir brauchen keine 2.000 Kliniken“

Dr. Brodermann plädierte für eine Grundfinanzierung der Krankenhäuser, die fallunabhängig ist. Und er sagte: „Wir brauchen eine Strukturbereinigung. Wir brauchen keine 2.000 Kliniken“, sondern eine ehrliche Diskussion. Die Politik habe 40 Jahre lang betont, die wohnortnahe Versorgung sei das Beste. Götz Brodermann: „Das ist grundsätzlich falsch.“

Michael Zaske unterstricht: Nicht unbedingt Krankenhäuser, aber Gesundheitsstandorte sollten erhalten bleiben. Er sprach sich für gezielte Umwandlungsprozesse an kleineren Standorten aus: „Es muss nicht jede Leistung an jeder Milchkanne erbracht werden. Es muss ein gestuftes System geben“. Und er ergänzte: „Wenn wir jetzt nichts tun, kommt eine ungesteuerte Marktbereinigung und Zentralisierung.“ Er sei für ein gesteuertes Verfahren.  Für diese Umwandlungsprozesse benötigten die Regionen jedoch die entsprechenden Ressourcen. Ziele seien die Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung, eine sichere wohnortnahe Erstdiagnose, einschließlich Telemedizin. Es fehlten aber die rechtlichen Voraussetzungen dafür, um das Sektoren-übergreifend planen und budgetieren zu können.

Das Ziel kennen wir, die Umsetzung sei aber schwierig, es herrsche da viel Unsicherheit, sagte Jessica Heller. Die CDU sehe aber die Notwendig einer Reform. Sie sprach sich jedoch  dagegen aus, die Krankenhausplanung auf die Bundesebene zu ziehen. Denn der Bund sehe vieles nicht, dann würden viele weiße Flecken in der stationären Krankenversorgung entstehen.

Die CDU-Kandidatin lenkte aber auch den Blick auf die Pflege. Gerade im Hinblick auf die Zunahme von multimorbiden und hochbetagten Patienten im Krankenhaus zeige sich, dass für diese Menschen die klassischen Versorgungswege in der Klinik häufig nicht mehr die besten seien . Pflege könne aber so viel mehr leisten. Die Qualifikationen, die Pflegemitarbeiter in der Ausbildung und im Studium erwerben, kämen nicht zum Einsatz, weil dem rechtliche Hürden entgegenstünden. Dabei könnten Pflegekräfte viele Tätigkeiten des Arztes übernehmen, da werde viel Potenzial verschenkt.

Für Paula Piechotta hat die Coronakrise zumindest einen positiven Aspekt. Denn Großkrankenhäuser würden von der Bevölkerung jetzt deutlich positiver gesehen. Kleinere Standorte sollten für eine gute Primärversorgung da sein, sagte due Ärztin. Diese strukturelle Neuausrichtung auf ein gestuftes System sei dringend erforderlich.  Die notwendigen Strukturveränderungen gerade an kleinen Standorten seien sorgfältig zu kommunizieren und zu erklären. Die Diskussion um eine sinnvoll aufeinander abgestimmte Versorgung in den Regionen müsse mit Qualitätsargumenten geführt werden. Das würde die Menschen dann auch überzeugen. Denn sie seien bereit, für eine Spezialversorgung auch weitere Wege auf sich zu nehmen.

Bildergalerie, ICCAS: Fotos © ICCAS

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